Zu Gast am Flughafen Köln-Bonn

Die Nachbarn ins eigene Zuhause einzuladen ist immer eine gute Idee, auch ohne konkreten Anlass. Das gilt erst recht, wenn Spannungen in der Luft liegen. Denn wer miteinander redet, hat weniger mit Missverständnissen zu kämpfen. So oder ähnlich dürfte der Hintergrund der Einladung zur Flughafenbesichtigung gewesen sein, die MdB Sebastian Hartmann von der SPD im August initiiert hatte.
Am Nachmittag des 15. August nahmen gut 30 in Flughafennähe wohnende Bürger das Angebot wahr, an einer Flughafenbesichtigung teilzunehmen. Vor der eigentlichen Rundfahrt über das Flughafengelände gab es Gelegenheit, im Rahmen einer ausführlichen Präsentation Fragen an Herrn Benjamin Heese, Leiter Politik- und Regierungsbeziehungen und Stabsstelle Sonderaufgaben der Geschäftsführung loszuwerden. Herr Heese nahm sich tatsächlich sehr viel Zeit, um auf alle Fragen einzugehen. Unter den Besuchern waren übrigens auch zwei Mitglieder des LSG-Vorstandes, die mit ihrem Fachwissen Hintergründe beleuchteten.

Rosarote Zahlenbrille

Die Bereitschaft des Flughafens zur Diskussion mit den Anwohnern kann man durchaus positiv bewerten. Nicht aber, dass der Flughafen Faktendarstellungen gerne so aufzieht, dass das Fliegen unter ökologischen und gesundheitlichen Gründen immer aus einer hochgradig optimistischen Perspektive dargestellt wird. So wurden einige Dinge verkürzt dargestellt. Beispielsweise heiß es, die Lärmbelästigung in Deutschland ginge nur zu 3 % auf den Flugverkehr zurück. Betroffene Bürger werden solchen Zahlen nichts abgewinnen, zumal Fläche für die Dosis-Wirkungs-Kurve von Lärm überhaupt keine Rolle spielt. Setzt man diesen Wert spaßeshalber in Beziehung zur Fläche, erscheint er in völlig anderem Licht: Der Flughafen Köln-Bonn (1.000 ha) hat gerade mal 0,14 % Anteil an der Fläche des Regierungsbezirkes Köln (736.500 ha). Herr Heese wies auch darauf hin, dass der Flugverkehr nur 3 % der weltweiten CO2-Emissionen verursache. Diese Zahl schließt nicht die Emissionswirkung von Partikeln und anderen Treibhausgasen in Reiseflughöhe ein, wie ein Vertreter der LSG einwarf. Nimmt man diese dazu, verantwortet der Flugverkehr laut Umwelt-Bundesamt immerhin 9 % der weltweiten Treibhausgaseffekte.

Reichlich freie Zeitfenster in den Tagesstunden lassen hoffen

Im Laufe der Veranstaltung wurde deutlich, dass der nächtliche Lärm nicht nur durch Frachtflugzeuge, sondern zu einem wesentlichen Teil auch durch Passagierflüge der Billig-Airlines verursacht wird. In dieser Nachricht steckt ein verheißungsvoller Kern: Da es am Flughafen Köln-Bonn noch genügend freie Zeitfenster in den Tagesstunden gibt, ließen sich die Nachtstarts der Passagierflüge recht einfach in den Tag verlegen. Neben den Anwohnern dürfte das auch für Touristen hoch willkommen sein. Das würde zwar deutliche Mehrkosten für die Airlines bedeuten, aber gerade das laufende Planfeststellungsverfahren lässt hoffen. In diesem sind die Fachleute der LSG erheblich engagiert und stehen auch mit den Flughafen-Verantwortlichen im ständigen Kontakt. Das dieser Kontakt trotz aller Kontroversen wertschätzend ist, konnten die Teilnehmer der Veranstaltung mehrfach deutlich spüren.

Nachtstartgebühren als regelndes Instrument nicht tauglich

Die häufig diskutierte Erhöhung der Nachtstartgebühren in Köln/Bonn als strategisches Instrument ist leider keine Option, da regulatorische Vorgaben der zuständigen internationalen Behörde diese nur ergebnisneutral zulassen. Bei einer Erhöhung der Nachtstartgebühren müssten Tagstarts im gleichen Maß billiger werden. Da diese in Köln/Bonn aber schon lächerlich billig sind, besteht kein ausreichender Spielraum, um den Nachtstartgebühren der Nachbarflughäfen Düsseldorf und Frankfurt nahe kommen zu können. Damit fallen die Nachtstartgebühren zur Regelung des nächtlichen Flugaufkommens aus.

Etwas besser ist noch lange nicht bürgerfreundlich

Immerhin hat der Flughafen inzwischen technische Maßnahmen ergriffen, die Routen startender Flugzeuge in einem schmalen Korridor zu halten. Zwar hilft das unmittelbar in Flughafennähe lebenden Menschen nicht weiter. Aber für die Regionen Asbach, Königswinter und das Bergische Land werden die Belastungen dadurch seltener. Als Folge dieser erfolgreichen Maßnahme wird der Korridor, in dem Anwohner auf durch den Flughafen finanzierte Lärmschutzmaßnahmen hoffen können, ebenfalls kleiner. Und insgesamt ändert diese Neuerung nichts daran, dass die Touristenbomber der Billig-Airlines, durchgängig bis auf den letzten Platz besetzt und mit Gepäck randvoll beladen, auch weiterhin nur langsam an Höhe gewinnen. Das wird auch in der näheren Zukunft die Quelle der nächtlichen Lärmbelästigungen bleiben, solange das Planfeststellungsverfahren nicht zu einem für uns Bürger positiven Ergebnis kommt. Anders als von Flughafenvertretern gerne behauptet, ist dieser langsame Steigflug keine ökologische Maßnahme, die Schadstoffemissionen auf niedrigem Niveau zu halten. Sie dient laut Vertretern der LSG dazu, die Triebwerke zu schonen und die gesetzlich vorgeschriebenen Wartungsintervalle zu strecken – eine reine Kostensenkungsmaßnahme also.

Wirtschaftliche Interessen gehen vor Bürgerwohl

Was sich schon in der Präsentation zeigte, wurde bei der anschließenden Rundfahrt mehr als deutlich: Wirtschaftliche Interessen steuern die Pläne und Maßnahmen des Flughafens auch in Zukunft. Ob die vom Betreiber erhoffte Ansiedlung großer Zubringer-Logistikzentren in Köln-Bonn erfolgreich ausgehen wird, wird sich zeigen. Inwieweit dadurch weitere Belastungen für die Anwohner entstehen, wurde in der Veranstaltung nicht konkret geklärt. Dass der Flughafen sehr auf den wirtschaftlichen Vorteil einer solchen Maßnahme hofft, war dagegen unverkennbar.

Für den weltweit operierenden Frachtdienstleister UPS hat der Flughafen Köln-Bonn einen enorm hohen Stellenwert, denn hier ist eines der drei weltweit operierenden Drehkreuze angesiedelt. Neben Louisville in den USA und dem chinesischen Shanghai werden in Köln-Bonn Sendungen aus der ganzen Welt in den Abendstunden eingeflogen, in der Nacht sortiert und anschließend zu ihren Destinationen ausgeflogen. Da allerdings nur 2 % des verarbeitenden Frachtvolumens in die Region gehören, dürfte die wirtschaftliche Bedeutung gegenüber der auf die Region entfallenden Lärm- und Schadstoffbelästigung marginal sein.
Nicht nur für UPS, auch für den Frachtverkehr von FedEx nimmt der Flughafen Köln-Bonn an Bedeutung zu. Es dürfte kaum möglich sein, ohne vehemente Einflussnahme von Bundes- und Landesregierung hier etwas zu bewegen. Der Rhein-Sieg-Kreis hält weniger als 6 % der Anteile am Flughafen, der Rheinisch-Bergische Kreis knapp 4 %, Bund und Land sowie die Stadt Köln jeweils um die 30 %. Selbst wenn alle Orte beider Kreise gemeinsam gegen die Beeinträchtigungen durch den Flughafen Köln-Bonn vorgehen würden, blieben diese drei entscheidend.

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